Beachten Sie bitte vor Nutzung der Webseite die Datenschutzerklärung. Mit Nutzung der Webseite akzeptieren Sie diese.

Pub Rock - die Pubszene bewegt sich

Pub Rock wird in der Regel als Sub-Genre der Rockmusik bezeichnet, genau genommen ist es aber weniger ein Genre als vielmehr eine Bewegung. Im Pub Rock der 1970er sammelten sich Bands, die unterschiedliche Stilistiken von Rock’n’Roll über Country bis hin zu Funk und Soul bedienten. Auch wenn sie stilistisch uneinheitlich waren, war den Künstlern vor allem eines wichtig: sie wollten im Gegensatz zu den bekannten großen Stadion-Rock Acts den direkten Kontakt zum Publikum – also Musik wie früher von Musikern fürs Publikum. Dafür eigneten sich logischerweise kleine Locations am besten und nicht selten waren das einfache Pubs - im Fall des Pub-Rock vor allem im Großraum London.

Die Entwicklung des klassischen Pub-Rock

First Things First, versuchen wir der Sache chronologisch nachzugehen. Man kann mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass eine US Country-Rockband namens Eggs Over Easy die Pub-Rockbewegung lostrat. Die Band war 1970 im Zuge einer Plattenaufnahme in England hängengeblieben und fand ein Domizil nahe des Pubs Tally Ho. Dieser bot zwar Livemusik, war aber wie alle Clubs und Pubs in London unter Kontrolle der ‚Jazz-Polizei‘. Da die Eggs es aus den USA gewohnt waren, in kleinen Clubs zu spielen, überzeugten sie den Wirt des Tally Ho von ihrer Qualifikation als Jazzband (auch wenn sie Country-Rock spielten). Er glaubte es, im Mai gab es die ersten Konzerte und die waren extrem erfolgreich. Es sprach sich schnell herum, dass eine ‚Nicht Jazzband‘ in einem Pub auftreten durfte, Musiker wie Nick Lowe, Graham Parker und Elvis Costello gehörten zu den begeisterten Fans. Im Grund war damit der Pub-Rock entstanden, die Eggs selbst spielten bald in anderen Pubs dieser neuen Bewegung und neue Bands kamen hinzu.

Welchen Stil eine Band der Pub-Rock Bewegung spielte, war dabei nebensächlich. Eggs Over Easy hatten genauso wie Brinsley Schwarz einen klaren Country-Hau, eindeutig vom rauen Rhythm And Blues und Rock’n’Roll getrieben waren Dr. Feelgood, Ducks Deluxe oder die Count Bishops, ganz anders die ‚Blue Eyed Soul‘ Band Kokomo oder die Soft-Rocker Ace und Kursaal Flyers.

Wie erwähnt breitete sich das Phänomen Pub-Rock vor allem in London bzw. Greater London schnell aus. Es bildete sich eine kleine und durchaus intime Szene. Das wurde im Nachhinein vom Sex Pistols Sänger Johnny Rotten heftig kritisiert – er lehnte die Pub Rock Bewegung per se ab. Gerade sie hätte klargemacht, was an der Live Szene nicht mehr stimmt – aber anstatt gegen die verhassten Stadionrocker vorzugehen hätten sich die Bands lieber in ihrer eigenen Clique oder Blase aufgehalten. Dem kann man in Grundzügen durchaus zustimmen, die Pub-Rock Szene war eine kleine und in Teilen in sich geschlossene Gesellschaft.

Alles in Allem ist die Pub-Rockbewegung auch im Nachhinein nicht klar zu beschreiben. Es gibt und gab viele Annahme, welche man kontrovers diskutieren kann. Man ging lange davon aus, dass sich gerade Pub-Rocker der Kommerzialisierung entziehen wollten, alles eher klein halten wollten und sich so eher zu Indie-Labels hingezogen fühlten. Das stimmt aber nicht wirklich, viele der frühen Pub-Rocker hatten Majordeals und die Produktionen waren manchmal durchaus aufwändig. Ich denke auch, dass Pub-Rockbands am Ende gerne Erfolg gehabt hätten. Tatsächlich waren die meisten Studioproduktion nicht sehr erfolgreich, alleine deshalb, weil die meisten Bands in erster Linie brillante Live-Acts waren und diese Energie in damaligen Studio-Produktionen kaum eingefangen werden konnte. Außerdem muss man auch konstatieren, dass viele Pub-Rockbands gerade wegen des ausbleibenden Erfolgs das Handtuch warfen – das wäre kein Grund gewesen, wenn sie keinen Erfolg hätten haben wollen.

In manchen Berichten kann man lesen, dass die Pubs der Bewegung eine Art Untergrund-Pubs waren – die wenigsten davon waren das aber. Es waren im Grund ganz normal Musikkneipen, in den zuvor halt nur Jazz geboten wurde. Auch wird oft beschrieben, die Musiker hätten sich in ihren Darbietungen nur auf die Basics konzentriert und wären technisch nicht extrem versiert gewesen. Dem kann man beim besten Willen nicht zustimmen, die Musiker waren in der Regel gestandene Musiker. Sex Pistol Steve Jones beklagte sogar, dass gerade die Pub-Rocker viel zu kompliziertes Zeug gespielt hätten.

In der gesamten Geschichte gibt es einige Ungereimtheiten, ähnlich wie bei der an sich ziemlich verlogenen Punk-Bewegung, welche folgte und für die mancher gerade den Pub-Rock als eine Art Vorläufer sah.

Pub-Rock und Punk-Boom

Das Ende des klassischen Pub-Rock fällt nach Ansicht von Fachleuten zusammen mit dem Punk-Boom, der wiederum durch den Pub-Rock initiiert worden sein soll. Auch in dieser Hinsicht kann man geteilter Meinung sein.

Offensichtlich war, dass die Punk-Bewegung ähnlich dem Pub-Rock ‚theoretisch‘ den Mainstream verabscheute. Man wollte Musik mit einfachen Mitteln und direkt die Leute von der Bühne aus ansprechen können – also nicht die Distanz, welche große Bands in Stadien und Riesenhallen zur Audience aufbauen. Und man wollte angeblich keinen Erfolg. Das war natürlich eine große Lüge, oder wie die Sex Pistols selbst schrieben ein großer Rock’n’Roll Schwindel. Die Pistols selbst waren ein zu jeder Zeit klar durchkalkuliertes Produkt, hinter dem mutmaßlich nur einer Stand – Malcolm McLaren. Auch wenn die Auffassung scheinbar ähnlich war und einige der alten Pub-Rock Haudegen plötzlich zu Punk Musikern wurden, so lagen doch gefühlte Welten zwischen beiden Bewegungen.

Wie auch immer: mutmaßlich ebnete der Pub-Rock als eine erste Gegenbewegung zu den Stadionrockern und der Jazz-Elite dem Punk-Rock in gewisser Weise den Weg und einige ehemalige Pub-Rocker waren ja am Ende wichtige Protagonisten des Punk (Joe Strummer von den 101ers bei Clash, Pat Collier und John Ellis bei den Vibrators usw).

Pub Rock als Genrebezeichnung

Wie eingangs erwähnt, taugt Pub-Rock nur schlecht als Genrebezeichnung – ähnlich wie Punk. Beides waren Bewegungen, der Punk zweifellos ein soziologisches Phänomen. Der Pub-Rock war in seiner klassischen Phase nur eine Bewegung, der gewisse Bands ungeachtet ihre musikalischen Ausrichtung zugerechnet wurden. Liest man manche Publikation, dann fällt aber auch der Begriff ‚Arbeiterklasse‘, wonach der Pub Rock ein Phänomen der Arbeiterklasse gewesen war. Schwer zu sagen, ich glaube es nicht. Dem steht u. a. entgegen, dass man den geringen kommerziellen Erfolg des Pub-Rock dem Fakt zuschreibt, dass er zu intellektuell war. Das passt wiederum nicht so richtig zur Arbeiterklasse und auch nicht zu den Protagonisten. Nun gut – was man, glaube ich, festhalten kann: um zum Pub-Rock Zirkel zu gehören, mussten die Bands bzw. Künstler ihre ‚Heimat‘ in irgendeinem bekannten Pub oder Club im Großraum London haben. Abschließend würde ich mich in diesem Sinn auf einen Protagonisten und dessen Aussage in einem 1975er Interview beim Sounds stützen - Phil Harris, Gitarrist von Ace, meinte sinngemäß:

die ganze Pub-Rock Sache ist keine Kategorie. Es existierte nur eine Gemeinsamkeit, dass sich Bands irgendwann entscheiden in diesen Pubs zu spielen - um sich einen Namen zu mache, um Material zu vervollständigen oder um einfach nur Erfahrungen zu sammeln. Darüber hinaus kann man die Sache kaum auf einen gemeinsamen Nenner bringen.

Viel mehr kann man dazu eigentlich nicht sagen – bezogen auf ein bestimmtes Genre war einfach zu viel dabei: Country (Brinsley Schwarz, Eggs over Easy, Bees make Honey…), Soft-Rock/Pop (Ace, Kursaal Flyers), Jazz/Funk/Soul (Kokomo, Cado Belle) und jene, welche mutmaßlich die meisten Fans als klassischen Pub-Rock bezeichnen würden: Bands mit Wurzeln im Rock’n’Roll und/oder Rhythm And Blues wie Dr. Feelgood, Count Bishops, Ducks Deluxe, 101ers oder die Gorillas – um nur einige zu nennen. Mehr zu wichtigen Bands gibt es hier

Mehr zum Thema Pub Rock

» Wichtige Protagonisten des Pub Rock » Startseite