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Albumbesprechung Kate Bush - The Dreaming

Interpret: Kate Bush

Titel: The Dreaming

Erscheinungsjahr: 1982

Genre: Art-Pop, Singer Songwriter

Bewertung: 8 von 10  (8/10)

 

Rezension/Review

The Dreaming ist der Titel des vierten Kate Bush Albums. Veröffentlicht wurde das Album im Jahr 1982.

Die Realisierung des Albums dauerte, Bush nahm über einen Zeitraum von nahezu zwei Jahren auf. Sie produzierte selbst und experimentierte im Studio ausgiebig. Für Kate Bush bedeutete das Album einen großen Schritt in der eigenen Entwicklung, am Ende stand zugleich das (nach Ansicht vieler Fans und Kritiker) experimentellste Album ihrer Karriere. Das Album wurdevon der Plattenfirma als kommerzielles Desaster bezeichnet. Das scheint am Ende übertrieben, denn im UK erreichte das Album immerhin Rang 3 der Charts. Allerdings waren die Verkaufszahlen im direkten Vergleich zu den Vorgängeralben schlechter.

Mit den Aufnahmen startete Bush schon im August 1980 im 'Heimstudio'. Sie holte sich den Soundtüftler Richard James Burgess zu Hilfe, der sie in die Materie digitaler Klangerzeugung nebst Sampling einweisen sollte. Danach ging es in die Townhouse Studios in London. Als das erste Material im Kasten war, wollte das Label eine Single haben. Daher wurde zunächst der Song Sat In Your Lap ausgekoppelt (Rang 11 im UK).

Kate Bush ging für weitere Aufnahmen in die Abbey Road Studios und für die Realisierung des Songs Night Of The Swallow in die Windmill Studios in Dublin. Im Juli 1982 wurde die zweite Single The Dreaming veröffentlicht, im September 1982 folgte der Release des gleichnamigen Albums.

Das Album erreichte, wie erwähnt, Rang 3 der britischen Charts. Das war nicht schlecht, von Seiten der Plattenfirma war man aber nicht zufrieden. Angeblich war das Projekt ein Verlustgeschäft. Für Kate Bush ein enttäuschendes Erlebnis, zumal sie viel Herzblut in das Album gesteckt hatte und nun wirklich alles andere als schlecht abgeliefert hatte. Das zeigte sich auch im Verlauf der Zeit, denn später wurde The Dreaming in der Regel viel besser bewertet und in immer mehr Best-Of Listings aufgenommen. Auch in Kollegenkreisen erhielt Bush Rückendeckung und Lob, u. a. Björk bezeichnete dieses Album als eines ihrer Lieblingsalben überhaupt.

Soweit dazu. Für Kate Bush war dieses Album in jedem Fall eine Art Zäsur, die sie nach Never For Ever brauchte. Sie wollte nach eigenen Angaben alles anders machen - sie wollte rhythmischer werden, andere Instrumente und Sounds nutzen, mit einer neuen Mannschaft arbeiten. Kate Bush wollte auf diesem Album andere kulturelle Einflüsse verarbeiten, hier vor allem solche aus dem Australischen Kulturkreis und aus der keltischen Kultur. Der Albumtitel übrigens bezieht sich auf ein Buch über Australien und die Aborigines.

Die Songs

Sat In Your Lap eröffnet das Album, der Song wurde auch vorab als Single ausgekoppelt. Kate Bush befasst sich mit dem menschlichen Streben nach Wissen, das im Grund grenzenlos ist. Gleichzeitig seien die meisten Menschen nicht bereit, sich dafür anzustrengen und scheitern daher auch nicht selten. Die musikalische Umsetzung ist, wie von Bush beabsichtigt, sehr rhythmusbetont und vergleichsweise treibend. In den Gesangsparts streift sie für meinen Geschmack den Bereich des Avantgarde und hört sich an wie ein Mix aus Cindy Lauper, Dalbello und Nina Hagen.

There Goes A Tanner erzählt auf Basis eines alten Kriminalfilms die Geschichte von Räubern, welche normal nur kleine Verbrechen begehen und sich nun an einen Banküberfall wagen. Es wird von Jungs erzählt, die sich als schwere Jungs zeigen wollen und gleichsam ordentlich 'Schiss in der Buchse' haben. Als Singleauskopplung fiel der Track vor allem bei Kritikern durch, man bemängelte vor allem die Formlosigkeit und das Fehlen eines Refrains.

Pull Out The Pin basiert auf einer australischen Kriegsdoku über den Vietnamkrieg. Es geht um die bildreiche und eindrucksvolle Darstellung des Kriegs aus Sicht der Vietnamesen. Ein weiterer kunstvoller Bush Song, im Stil vergleichbar mit Material der frühen Alben.

Suspended in Gaffa handelt von der Suche nach Gott, konkret davon dass man ihm vermeintlich nahekommt, dann aber zu hören bekommt, dass man auf der Suche nach Gott hart arbeiten muss und am Ende seiner doch nicht würdig ist. Konklusion: den einfachen Weg zu Gott bzw. zur Erleuchtung gibt es nicht. Das Gaffa bezieht sich auf das bei Musikern häufig verwendete extrem feste Gaffaband. Kate verarbeitet viel Text, soviel, dass sie nach eigenen Aussagen manchmal selbst etwas Respekt vor dem Song hatte. Musikalisch ist es eine relativ vertraute Sache und sehr Basic: vor allem Bush mit Piano und Gesang, aber auch einigen kleinen Bonmots.

Leave it Open skizziert Menschen als Tassen - mal mit Emotionen gefüllt, mal leer. Man atmet ein, man atmet aus und Bush will den Basisrhythmus vielleicht als Atem darstellen. Es geht ihr im Song um Stimulation bzw. wie man sich zur gegebenen Zeit am besten öffnet oder eher verschließt. Die Demo war relativ einfach gehalten: ein Revox und wenige Effekte. Bush wollte ein analoges Flair mit östlicher Note. Im Endmix wurde dann noch einmal mit Effekten getrickst. Aber es blieb ein Song mit einfach durchlaufenden Basisrhythmus, Piano plus den opulenten Gesangsspuren. Genial Einfach oder aber einfach genial.

Der Titelsong The Dreaming wurde als Single ausgekoppelt, er basiert auf dem gleichnamigen Buch über die Geschichte der Aborigines und die Zerstörung ihrer Heimat durch weiße Australier auf der Suche nach Uran. Die Aufnahme begann mit Linn Drum Patterns, welche tribal-artig wirken sollten. Im Grund ein weiterer sparsam konzipierter Track, der gleichsam sehr kunstvoll ist.

Praktisch nahtlos geht es über in Night Of The Swallow, eine typische Bush-Pianoballade. Es geht um einen Schmuggler in Vorbereitung seiner nächsten Tour. Bush übernimmt den Charakter seiner Geliebten. Sie will ihn zuhause halten (I won't let you go) und droht im mit Anzeige, falls er geht. Es endet mit der trotzigen Antwort Let me, let me go. Für Kate ein Sinnbild dafür, dass sich Männer oft in Beziehungen gefangen fühlen - vielleicht weil Frauen aufgrund einer Unsicherheit oft etwas überfürsorglich seien. Im Song finden sich immer wieder irische Motive, an die sich Kate Bush zuvor nach eigenen Aussagen nie traute.

All The Love ist ein weiterer Song, der vor allem vom Piano bestimmt wird. Also wieder eine Bush-Ballade mit mehr oder weniger persönlichem Inhalt. Es geht um Einsamkeit, jeder Mensch fühlt sich irgendwann einmal einsam - auch wenn er immer viel Freunde um sich hat. Es geht Kate am Ende wohl auch darum, dass wir anderen zu selten sagen, wie sehr wir sie lieben. Schöne Botschaft in einem stimmigen Arrangement.

Houdini schließt musikalisch praktisch nahtlos an, man könnte fast meinen, es ist eine kleine Suite mit unterschiedlichen Texten. Hier geht es um Houdini bzw. dessen Frau und ihrer Versuche, nach Houdinis Tod wieder mit ihm in Kontakt zu treten. Erneut ein wunderbarer Song, hier mit etwas melancholisch wirkenden Streicherarrangments.

Get Out of My House beschließt das Album experimenteller, es wirkt wie eine Art Formschluss mit dem Opener - aber ohne dessen Kraft/Wut. Inspiriert wurde Bush vom King Buch Shining sowie dem Film Alien. Der Mensch wird im Song zum Haus, welches versiegelt wird und von einem Concierge bewacht. Man will das Haus verschlossen halten, dennoch gelangen Dinge ins Haus. Für Bush ein Sinnbild: man kann umso mehr über sich selbst lernen, je mehr Eindringlinge man 'bearbeitet'.

Fazit Kate Bush ist eine ganz besondere Künstlerin, die mit jeder ihre Aufnahmen am Ende etwas Besonderes hervorbringt. Das gilt auch für dieses Album The Dreaming. Experimente hin oder her, das Album hat genug vom 'Alten' zu bieten und sollte damit für alte Bush-Fans mehr als in Ordnung gehent. Dazu gibt es die angesprochenen Experimente. Bush arbeitete intensiv mit Gesangloops und Schichtungen, welche durchaus in Queen-Sphären reichten. Bush suchte Inspiration in der Australischen Kultur ebenso wie im Keltischen. So erhielt man einerseits bekannt gutes Bush-Material ebenso wie Material, welches eher nach Siouxsie, Dalbello oder Björk klang. The Dreaming ist für meinen Geschmack ein weiteres überragendes Statement einer überragenden Künstlerin, die stets in der Lage ist, sich zu verändern.

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Trackliste
  1. Sat in Your Lap 3:29
  2. There Goes a Tenner 3:24
  3. Pull Out the Pin 5:26
  4. Suspended in Gaffa 3:54
  5. Leave It Open 3:20
  6. The Dreaming 4:41
  7. Night of the Swallow 5:22
  8. All the Love 4:29
  9. Houdini 3:48
  10. Get Out of My House 5:25

Alle Songs Kate Bush

Rezensent: MP