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Albumbesprechung Neutral Milk Hotel - In the Aeroplane Over the Sea

Interpret: Neutral Milk Hotel

Titel: In the Aeroplane Over the Sea

Erscheinungsjahr: 1998

Genre: Indie-Rock, Psychedelic Folk, Lo-Fi

Bewertung: 8 von 10  (8/10)

 

Rezension/Review

In the Aeroplane Over the Sea ist der Titel eines Albums der Band Neutral Milk Hotel. Das Album wurde 1998 veröffentlicht.

Dieses Album bedeutete den überraschenden Rückzug der US-Indie Rockband, sie löste sich nach Release auf und hinterließ mit diesem Album sozusagen ein Vermächtnis. Das Album landete in den meisten Polls des Jahres 1998 weit oben, der NME nahm das Album zudem auf Rang 98 im Listing The 500 Greatest Albums Of All Time auf, Q platzierte das Album 2010 auf Rang 16 der Top 30 der vergangenen 25 Jahre, bei Amazon wurde es 2009 auf Rang 2 der 100 größten Indie Rock Album aller Zeiten platziert, bei Blender in der selben Kategorie 2007 auf Rang 32. Bis 2013 wurden in den USA annähernd 400.000 Einheiten verkauft, was im Internetzeitalter ein sehr guter Wert ist.

Dabei möchte ich es an der Stelle belassen. Das Album gehörte zweifellos zu den Topalben des Jahres 1998 und aufgrund der vorgenannten Fakten auch zu den Meilensteinen der Rockmusik.

Eingespielt wurde das Album in der Besetzung Jeff Mangum (Gitarre, Gesang, Orgel, Perccussion, Bass, Tapes, Kurzwellenradio...), Jeremy Barnes (Schlagzeug, Orgel), Scott Spillane (Trompete, Flügelhorn, Posaune, Euphonium) und Julian Koster (Singende Säge, Banjo, Akkordeon, "Wandering Genie"). Als Gäste waren dabei Robert Schneider (Orgel, Bass, One-Note Piano, Harmoniegesang), Laura Carter (Zanzithophone), Rick Benjamin (Posaune), Marisa Bissinger (Saxofon, Flügelhorn) und Michelle Anderson (Uilleann Pipes).

Die Besetzung und das genannte "Instrumentarium" deuten an, dass es sich um keine ganz gewöhnliche Produktion handelt. Grundlegend für den Sound der Band waren zweifellos Mangum und Schneider mit ihren unterschiedlichen Auffassungen von Musik: der eine wollte es in Beatles Manier, der andere liebte die Lo-Fi Richtung. Diese musikalische Spannung resultierte in einer gegenseitigen Befruchtung und machte einiges vom speziellen Sound der Band aus. In der Regel wird es als Indie Rock kategorisiert, stellenweise fallen auch Begriffe wie Psychedelic Folk oder eben Lo-Fi. Bemerkenswert sind in jedem Fall die Einflüsse aus unterschiedlichen Genres und Kulturen von Choraler Musik über Canterbury, Musique Conrete, Drone Music, Free Jazz bis hin zu Tropicalia. Ein Rezensent sprach von einer Marching Band auf Acid Trip, was es teilweise auf den Punkt bringt.

Dazu kamen die Texte, welche Songwriter Jeff Mangum um das Thema II. Weltkrieg bzw. konkret um das Thema Anne Frank verfasste. Scheinbar war er stark beeinflusst vom Tagebuch der Anne Frank. Am Ende könnte man daher auch von einer Art Konzeptalbum sprechen, zumal die Songs in der Regel nahtlos ineinander übergehen.

Das ganze wird relativ unspektakulär eröffnet, The King Of Carrot Flowers Pt. 1 erinnert an klassischen Singer-Songwriter/Folk, die Parts 2 und 3 wirken in getragener Form zunächst wie ein lamentierender Mix aus Irischer und Indianischer Folklore. Interessant die weitere Entwicklung mit subtilen Punkelementen, Lo-Fi und Psychedelic Elementen. Der verzerrte Lärm kontrastiert enorm.

Beim Titelsong kehrt die Band wieder zurück zum klassischen Singer Songwriter, das erinnert stark an die 60s. Der Two Headed Boy kommt ausschließlich mit akustischer Gitarre und Gesang aus, harmonisch fühle ich mich dabei jedoch eher an den akustischen Kurt Cobain erinnert. Dafür gibt es von Spillane mit The Fool das gesamte traurige Blasorchester - sozusagen als instrumentales Interlude für Holland 1945, welches deutlich an Tempo zulegt. Die nächste musikalische Brücke ist Communist Daughter, die in den längsten Track Oh Comely leitet. Wieder so ein Song, der unspektakulär vor allem mit Gesang und Akustikgitarre daherkommt. Auch der Ghost lebt vor allem von der Akustikgitarre und dem Gesang, darüber werden aber wieder sägende Gitarren und allerlei Instrumente gelegt. Da würde ich dann schon von Psychedelic Folk sprechen wollen.

Untitled ist ein "schräger" Song, in dem instrumental so ziemlich alles aufgefahren wird. Das wirkt auf mich ganz spontan wie eine Art "psychedelischer Jahrmarkt". Vielleicht war das auch die Intention dahinter, wer weiß. Abgeschlossen wird das Album von Two Headed Boy Part II, welcher inhaltich an Part I anknüpft. Musikalisch ist das zunächst eine andere Hausnummer, ganz gut gemacht ist der Formschluss mit Aufnahme der akustisch grungigen Note von Teil 1.

Fazit In The Aeroplane ist ein Album, das im Grund von altbekannten Rezepturen lebt und doch erfreulich frisch wirkt. Zunächst einmal verarbeiten die Musiker bzw. Mangum vor allem bekannte Einflüsse. Inhaltlich die Anne Frank Geschichte, musikalisch klassische Singer Songwriter und modernere "grungige" Strukturen. Die Songs sind grundsätzlich vergleichsweise simpel aufgebaut, dazu gibt es aber stellenweise üppige Instrumentierungen und Lo-Fi Getöse. Es ist wie erwähnt nicht ganz neu, aber es packt einen beim Hören und vor allem kommt das darunter liegende Konzept gut an. Wenn die Presse dieses Album als eines der besten des Jahres 1998 abfeiert, würde ich mich dem auch anschließen wollen.

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Trackliste
  1. The King of Carrot Flowers, Pt. One 2:00
  2. The King of Carrot Flowers, Pts. Two & Three (Jeremy Barnes, Julian Koster, Mangum, Spillane) 3:06
  3. In the Aeroplane Over the Sea 3:22
  4. Two-Headed Boy 4:26
  5. The Fool (Spillane) 1:53
  6. Holland, 1945 3:15
  7. Communist Daughter 1:57
  8. Oh Comely 8:18
  9. Ghost 4:08
  10. Untitled 2:16
  11. Two-Headed Boy, Pt. Two 5:13

Alle Songs von Jeff Mangum, sofern nicht anders vermerkt.

Rezensent: MP