Albumbesprechung Anchor & Burden - Kosmonautik Pilgrimage

Kosmonautik Pilgrimage ist der Titel eines Albums der Band Anchor & Burden, veröffentlich wurde es Anfang 2023 bei Moonjune Records.

Hinter der Band verbirgt sich zunächst einmal Markus Reuter (Touchguitar, Loops, Soundscapes), der in diesem Projekt eine Fortsetzung des Duos Centrozoon sieht. Reuter holte sich Alexander Paul Dowerk (Touchguitar), Bernhard Wöstheinrich (Keyboards, Electronics) und Drummer Shawn Crowder und legte in relativ kurzer Zeit fünf Digitalalben vor. Nun folgt mit diesem Album die erste ‚physische‘ Ausgabe – veröffentlicht wurde das Album bei Moonjune Records. Verbunden war der Release auch mit einer Umbesetzung: Drummer Crowder zog es zurück in die USA, dafür sprang Asaf Sirkis ein.

Die musikalische Ausrichtung kann man sich ausmalen, wenn man Reuters Wirken der letzten Jahre betrachtet – es dürfte irgendwas mit ‚späteren‘ King Crimson, Stickmen und viele der bekannten Soundscapes geben.

Die Songs

Sublevel Cells Part 1 - Corridors of Silent Screams ist ein passender Titel für einen instrumentalen Trip, der mal verspielt daherkommt, schroffer wird und über alles eine düstere bis bedrohliche Note legt. Guter Stoff für Freunde der experimentellen modernen Instrumentalmusik. Sublevel Cells,Part II - Celebral Transfixations setzt den Trip fort, hier etwas stärker von repetitiven Mustern bzw. auch Anleihen an die Frippertronics geprägt. Etwas für ‚Spezis‘, für die aber guter Stoff.

Es folgen die Radio Crater Explorations Part 1 bis IV. Auch hier ist Experiment angesagt, zunächst mit guten Elementen aus Electronic und Industrial, dann in einen psychedelischen Wahnsinn driftend und später in eine Art Ambient-Großstadtfeeling mündend. Der abschließende vierte Teil schenkt dem Hörer neben vielen ruhigen Momenten einige abgedrehtere Instrumentals in bester Crimson Manier.

Secret Laboratory ist eine prächtige Beschreibung bzw. im Umkehrschluss eine prächtige Untermalung für ein 'Geheimlabor'. Bei mir kommt es zumindest so an – man denkt, man sei in einer Art Krater und ebenda in einem riesigen Laboratorium. Musikalisch beeindruckend, im Gegensatz zu den vorhergehenden Titeln geradezu 'melodisch'.

Den Abschluss machen Splinters of Glory Part I und II. Der erste Part könnte sinnbildlich eine Art königliche Erweiterung des Tonspektrums darstellen – sehr experimentell. Und danach gibt es tatsächlich ein Treiben wie in einem Bienenstock. Sehr abgedreht und ‚close to Wahnsinn‘.

Die modernen Werke instrumentalen Progs im Stil der Protagonisten Reuter, Dowerk, Wöstheinrich und auch Sirkis gehen in der Regel weit. Für manchen mutmaßlich viel zu weit, für Freunde King Crimsons vielleicht wie eine eine gedachten Fortsetzung deren Wirken nach Thrak. So oder so stößt man in Bereiche, welche den bekannten Weg der strukturierten Musik mehr oder weniger verlassen und alleine deswegen kaum noch einzuordnen sind. Als Hörer wird man mit Soundlandschaften konfrontiert, welche einerseits genial wirken – aber genauso gut verstörend wirken können. Für den einen eine Offenbarung, für den anderen totale Überforderung. Ich persönlich schwebe in der Zwischenwelt und pendle hier zwischen grenzenloser Bewunderung und einer Form von Sprachlosigkeit. So gesehen ist dieses Album für mich auch nichts, was man einfach so bewerten kann oder soll. Es ist ein Werk, welches man sich persönlich anhören muss um sich dann seine ganz eigene Meinung zu bilden. Und alleine das wird schwierig, denn bei jedem Anhören dürften sich neue Erkenntnisse ergeben.