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Albumbesprechung Paul Simon - Graceland

Interpret: Paul Simon

Titel: Graceland

Erscheinungsjahr: 1980

Genre: Pop, Weltmusik/Zydeco

 

Rezension/Review

Graceland ist der Titel des siebten Soloalbums von Paul Simon. Das Album erschien im Jahr 1986. Für Simon wurde es das erfolgreichste Soloalbum, mittlerweile soll sich das Album weltweit über 16 Millionen mal verkauft haben. Damit gehört es auch zu den erfolgreichsten Popalben der Geschichte.

Nun war Paul Simons Karriere zu dem Zeitpunkt nicht gerade arm an Höhepunkten. Im Duo mit Art Garfunkel erreichte er ein Millionenpublikum. Solo lief es für Simon nach Auflösung von Simon & Garfunkel nicht schlecht, vor allem die Alben There Goes Rhymin' Simon (1973) und Still Crazy After All These Years (1975) verkauften sich prima. Danach gab es aber doch einen erheblichen Knick in Simons Solokarriere. Er selbst geriet, nach eigenen Angaben, in den 1980ern in eine Art Midlife-Crisis.

Auf dem Höhepunkt seiner Sinnkrise hörte Simon 1984 Aufnahmen von Musikern aus Südafrikanischen Townships und war spontan begeistert. Es folgte ein Trip nach Johannesburg, wo er zwei Wochen mit einheimischen Musikern zusammenspielte und die Basis-Sessions für das folgende Album realisierte. Der damals etwas desillusionierte Solokünstler fand die Liebe zur Musik über den Kontakt mit anderen Musikern wieder.

Für Simon war das Album ein entscheidender Schritt nach vorne. Er änderte seine gesamte Art, Musik zu produzieren. Aus dem Planer wurde ein Musiker, der wieder Spaß am Improvisieren fand. In der Musik konnte er zudem seine eigene Sinnkrise verarbeiten. Er ließ sich aber dennoch Zeit für die Realisierung des Albums, die Aufnahmen zogen sich über die Jahre 1985 und 1986 hin, aufgenommen wurde u. a. in New York, London, Los Angeles und Louisiana.

Sehr wichtig für die Rolle des Albums ist der Kontakt zu den Musikern aus Südafrika und deren kultureller Einfluss auf Simons Musik. Diese ganze Geschichte war der Öffentlichkeit und vor allem Leuten aus Kunst und Kultur nicht gut vermittelbar. Südafrika war zu der Zeit wegen der praktizierten Apartheid kulturell blockiert und Simons Aktivitäten wurden sehr kritisch beäugt und auch mit vielen eindeutig negativen Kommentaren belegt. Viele Kritiker sahen in Simons Arbeit kaum mehr als eine Art moderne Form des Kolonialismus.

Applaus erhielt er dafür aber von Menschen, welche selbst Opfer der Apartheid-Politik wurden. So begrüßte z. B. Hugh Masekela Simons Arbeit mit Musikern aus den Townships. Simon selbst wurde es mit der ganzen und aus seiner Sicht unberechtigten Kritik irgendwann zuviel. Er meinte dazu:

I'm with the artists. I didn't ask the permission of the ANC. I didn't ask permission of Buthelezi, or Desmond Tutu, or the Pretoria government. And to tell you the truth, I have a feeling that when there are radical transfers of power on either the left or the right, the artists always get screwed.

Soweit zum Background und zu den Zahlen. Das Album selbst wurde erwartungsgemäß eine Art Crossover aus Pop und Weltmusik. Neben den Einflüssen aus Südafrika waren dabei aufgrund der Sessions in Lousiana vor allem Einflüsse des Zydeco erkennbar.

Einen schönen Mix aus Südafrikanischer Folklore und Zydeco erhält man z. B. mit The Boy In The Bubble. Der Song wurde als Single ausgekoppelt und erreichte Rang 15 der US Mainstream Charts und schaffte es z. B. im UK in die Top 30. Ebenfalls einen starken Zydeco Bezug haben für meinen Geschmack Songs wie Gumboots, That Was Your Mother und, mit Abstrichen, All Around the World or The Myth of Fingerprints. Über letztgenannten Song kam es später zu Streitigkeiten mit den Los Lobos. Los Lobos Saxofonist Steve Berlin reklamierte später Rechte am Song für die Los Lobos. Simon habe den Song von den Los Lobos, ohne diese dafür in den Credits zu erwähnen. Simon dementierte das alles nicht, zeigte sich aber schockiert, dass die Los Lobos darüber nie ein Wort verloren und sich erst meldeten, als der überragende Erfolg des Albums klar wurde.

Sehr stark von der Musik der Townships beeinflusst sind Songs wie Diamonds On The Soles Of her Shoes und Homeless, in beiden Fällen sicher stark geprägt von Mitwirken der Band Ladysmith Black Mambazo bzw. Joseph Shabalala

Weltmusikflair gibt es auch auf I Know What I Know, Graceland, You Can Call Me Al und Crazy Love Vol. II. Diese Tracks dürften mit ihrem Mix aus Pop und Weltmusik einen wesentlichen Anteil am Erfolg des Albums ausgemacht haben.

Interessanterweise würde ich z. B. bei Song Under African Skies, trotz des Titels, den geringsten Anteil an Weltmusik unterstellen. Für mich klingt das enorm nach den alten Simon &Garfunkel, vielleicht auch wegen des Duos Simon und Linda Ronstadt.

Fazit Graceland ist so ein Album, dessen Wert man vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte sehen muss. Da war ein Musiker in einer echten Sinnkrise, der irgendwie mit einer anderen musikalischen Kultur in Verbindung kam. Daraus resultierte ein Album mit typischem Simon-Pop gemischt mit Folk-Anteilen Südafrikas und einer Prise Zydeco. Der Erfolg und die allgemeinen Bewertungen verleihen dem Album das Prädikat Meilenstein. Und das ist keinesfalls übertrieben, bedenkt man eben die ganze Entstehungsgeschichte und die damals gewagte Fusion mit südafrikanischen Musikern. Darüber hinaus ist es aber auch eines der typischen Simon Alben. Schlechte Songs sind ebenso Fehlanzeige wie überragende Songs. Zum großen Sänger mutierte er auch auf diesem Album nicht.

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Trackliste
  1. The Boy in the Bubble (Forere Motloheloa, Paul Simon) 3:59
  2. Graceland (Simon) 4:48
  3. I Know What I Know (General MD Shirinda, Simon) 3:13
  4. Gumboots (Lulu Masilela, Jonhjon Mkhalali, Simon) 2:44
  5. Diamonds on the Soles of Her Shoes (Joseph Shabalala, Simon) 5:45
  6. You Can Call Me Al (Simon) 4:39
  7. Under African Skies (Simon) 3:37
  8. Homeless Shabalala, (Simon) 3:48
  9. Crazy Love, Vol. II (Simon) 4:18
  10. That Was Your Mother (Simon) 2:52
  11. All Around the World or the Myth of Fingerprints (Simon) 3:15

Rezensent: MP